Beim Abschluss eines Vertrages zur lebenslangen Unterstützung gab es aufgrund des Mangels an Aleatorik ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erzielten Nutzen und der übernommenen Verpflichtung. Da dies bedeutet, dass der Vertrag zur lebenslangen Unterstützung nur scheinbar ist, und die Parteien tatsächlich einen Schenkungsvertrag abgeschlossen haben (Absätze 1 und 2 des Artikels 50 OZ), stellt sich die Frage der Benachteiligung des Pflichtteils und der Rückgabe des Geschenks.
Veröffentlicht auf der Webseite des Obersten Gerichtshofs der Republik Slowenien: VSRS Beschluss II Ips 92/2020 vom 20.01.2021.
Beschluss:
Die Revision wird angenommen, die Urteile der Gerichte zweiter und erster Instanz werden aufgehoben und der Fall wird zur erneuten Verhandlung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision wird für die neue endgültige Entscheidung zurückgestellt.
Begründung
Bisheriger Verlauf des Verfahrens:
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Der Kläger hat mit der Klage die Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages zur lebenslangen Unterstützung gefordert, den A. A. (Beklagte) als Unterstützungsempfänger und B. A. als Unterstützer am 14.09.2015 in Form einer notariellen Urkunde mit der Geschäftsnummer SV ... abgeschlossen haben. Der umstrittene Vertrag soll einen Schenkungsvertrag verschleiern, der aufgrund der Benachteiligung des Pflichtteils gegenüber dem Kläger (Sohn und Erbe des Unterstützers) keine Wirkung haben soll, soweit er sich auf den dem Pflichtteil entsprechenden Miteigentumsanteil an vier Immobilien und zwei Fahrzeugen (alle genau in der Klageschrift definiert) sowie auf 582,25 EUR auf einem Bankkonto bezieht. Der Kläger forderte die Rückgabe dieses Vermögens in den Nachlass des verstorbenen B. A..
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Das Gericht erster Instanz wies (im wiederholten Verfahren) den Klageanspruch zurück und legte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auf.
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Das Gericht zweiter Instanz wies die Berufung des Klägers ab und bestätigte das angefochtene Urteil. Es entschied auch, dass der Kläger seine eigenen Berufungskosten trägt.
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Auf der Grundlage des Beschlusses des Obersten Gerichts II DoR 255/2020 vom 11.09.2020 hat der Kläger gegen das Urteil des Gerichts zweiter Instanz Revision eingelegt, in der er einen fehlerhaften Gebrauch des materiellen Rechts geltend macht. Der Revisionsgerichtshof schlägt vor allem vor, das angefochtene Urteil so zu ändern, dass dem Klageantrag in vollem Umfang stattgegeben wird; hilfsweise schlägt er die Aufhebung der Urteile der unteren Gerichte und die Rückverweisung der Sache an das Gericht erster Instanz zur erneuten Verhandlung vor. Er stellt die Kosten der Revision in Rechnung.
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Die Revision wurde der Beklagten zugestellt, die in ihrer Antwort ihre Ablehnung vorschlägt und die Kosten des Revisionsverfahrens geltend macht.
Tatsächlicher Rahmen des Streits
Für die Beurteilung der Revision ist der wesentliche tatsächliche Zustand wie folgt zusammenzufassen:
Die Beklagte als Unterstützungsempfängerin und ihr Ehemann B. A. als Unterstützer schlossen am 14.09.2015 in Form einer notariellen Urkunde einen Vertrag zur lebenslangen Unterstützung.
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Gegenstand des Vertrages war das gesamte Vermögen von B. A., das mehrere Immobilien und zwei Autos umfasste. Dieses Vermögen sollte nach dem Tod des Unterstützers an die Unterstützungsempfängerin übergehen.
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Die Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, für den Unterstützer (ihren Ehemann) zu sorgen und ihm (wie schon zuvor, seit er schwer erkrankt war) alle notwendige Pflege und Hilfe zu bieten, ihn zum Arzt und ins Krankenhaus zu fahren, Medikamente zu bringen usw.
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Im Vertrag wird auch darauf hingewiesen, dass die Eheleute A. schon seit vielen Jahren in einer harmonischen Ehe leben, sich gegenseitig gut kennen und dass der Unterstützer weiß, dass ihm seine Frau auch in diesen schwierigen Zeiten selbstlos helfen wird.
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Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war B. A. sterbenskrank und in der terminalen Phase der Krankheit. Etwa einen Monat zuvor wurde die Chemotherapie abgebrochen, einen Tag nach dem Vertragsabschluss wurde er an eine Palliativstation überwiesen. Der Tod wurde innerhalb weniger Wochen, bestenfalls in einigen Monaten, erwartet.
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B. A. starb zwölf Tage nach Abschluss des Vertrages.
Entscheidungen der unteren Gerichte:
- Der Grund für den Vertrag über lebenslangen Unterhalt liegt in der Erbringung einer Gegenleistung. Darüber hinaus sind die charakteristischen Merkmale Aleatorizität (Zufälligkeit) und Vertraulichkeit der Beziehung. Nach Ansicht der unteren Gerichte bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein gewisses Risiko (Aleatorizitätselement), da das genaue Todesdatum nicht vorhergesagt werden konnte und die Parteien daher nicht wissen konnten, wie groß der Umfang der zukünftigen vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten sein würde. Ebenso hat die Beklagte dem Versorgungsnehmer bereits vor Vertragsschluss Unterstützung gewährt. Zwischen ihnen bestand ein Vertrauensverhältnis und gegenseitige emotionale Bindung, daher war es für den Versorgungsnehmer entscheidend, dass ihm gerade die Beklagte Hilfe leistet. Da der Vertrag nicht unentgeltlich war, gilt die Begrenzung, die dazu dient, den Pflichtteil zu schützen, nicht für ihn.
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Zugelassene Revisionsfrage
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Gemäß Absatz 2 des Artikels 371 des Gesetzes über das Zivilverfahren1 (im Folgenden ZPP) prüft das Revisionsgericht das angefochtene Urteil nur in dem Teil und in Bezug auf die konkreten Fragen, für die die Revision zugelassen wurde.
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Die Revision wurde im Hinblick auf die Rechtsfrage zugelassen, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags über lebenslangen Unterhalt vom 14. 9. 2015 ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erzielten Nutzen und der übernommenen Verpflichtung bestand.
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Zusammenfassung der Argumente der Parteien im Revisionsverfahren
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Der Revisionskläger ist der Ansicht, dass die unteren Gerichte hätten beurteilen müssen, ob bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des strittigen Vertrags klar war, dass die Verpflichtungen der Versorgungsnehmerin im Vergleich zum Nutzen des Versorgungsgebers unbedeutend sein würden. Eine solche Beurteilung ist auch bei Verträgen möglich, die grundsätzlich nicht nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit der Leistungen bewertet werden können. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Verpflichtungen und Nutzen deutet darauf hin, dass die Parteien einen anderen Rechtsgeschäft verdecken wollten. Im konkreten Fall betrug der Wert des übertragenen Vermögens fast 73.000 EUR, während klar war, dass der Versorgungsnehmer nur noch wenige Wochen, höchstens einige Monate leben würde. Die Beklagte hat jedoch ausgesagt, dass sie sich auch um ihn gekümmert hätte, wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre (was für Ehepartner üblich ist), so dass sie durch den Vertrag tatsächlich keine neuen Verpflichtungen übernommen hat.
- Die Beklagte behauptet in ihrer Antwort auf die Revision, dass der Kläger die Ereignisse rückblickend, also ex-post, beurteilt, was ein unangemessener Ansatz ist. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war der Gesundheitszustand des Versorgungsnehmers nicht so, dass der Todeszeitpunkt hätte vorhergesagt werden können. Der Tod hätte auch mehrere Monate später eintreten können. Das Risiko war also vorhanden. Schon daraus ergibt sich offensichtlich, dass die Gerichte beurteilt haben, ob sich die Vertragsparteien des möglichen Missverhältnisses zwischen den Leistungswerten bewusst waren - wenn das Risiko vorhanden war, konnten sie sich dessen nicht bewusst sein. Sie betont, dass die unteren Gerichte nicht festgestellt haben, dass es sich um einen Scheinvertrag handelt. Der Kläger versucht mit der Behauptung, was die tatsächliche Absicht der Vertragsparteien hätte sein sollen, den festgestellten Sachverhalt zu untergraben. Er übersieht auch, dass die Beklagte bereits vor Vertragsschluss für den Versorgungsnehmer gesorgt hat, so dass der Vertrag auch eine Entschädigung für die bisherige Pflege darstellt. Darüber hinaus hat sie sich auch weiterhin verpflichtet, häusliche Pflege zu leisten, was aufgrund der Unfähigkeit des Versorgungsnehmers für sie eine große Belastung darstellen könnte. Die Ansicht, dass Pflege zwischen Ehepartnern üblich ist, hat keine Grundlage in der Rechtsprechung und kann bei der Beurteilung keine Rolle spielen. Ehepartner können alle Geschäfte miteinander abschließen, die sie auch mit anderen Personen abschließen könnten, ungeachtet der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Sie verweist auf Urteile des Obersten Gerichts in den Fällen II Ips 464/1999, II Ips 64/2011 und II Ips 381/2006.
Bewertung der Begründetheit der Revision
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Die Revision ist begründet.
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Das Revisionsgericht muss die Frage beantworten, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags über lebenslangen Unterhalt vom 14. 9. 2015 ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erzielten Nutzen und der übernommenen Verpflichtung bestand. Abhängig von der Antwort auf diese Frage ist, ob zwischen der Beklagten und ihrem verstorbenen Ehemann ein Vertrag über lebenslangen Unterhalt abgeschlossen wurde, oder ob unter dem Vorwand eines solchen Vertrags tatsächlich ein Schenkungsvertrag abgeschlossen wurde. Wenn die Grundlage eine Schenkung ist, handelt es sich um einen Schenkungsvertrag, wenn jedoch die Kavza darin besteht, dass jemand sich verpflichtet, eine Gegenleistung zu erhalten, handelt es sich um eine Kavza, die dem Vertrag über lebenslangen Unterhalt entspricht. Das Kernproblem liegt also in der Kavza des Vertrags. War diese tatsächlich so, wie sie den Vertrag über lebenslangen Unterhalt definiert, oder war die Absicht der Vertragsparteien eine Schenkung?
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Lebenslangen Unterhaltsvertrag bestimmt daher seine Klausel.2 Die typischen Elemente, die die abstrakte Klausel des Entgelts des Vertrags über den lebenslangen Unterhalt ergänzen, sind Vertraulichkeit oder persönliches Verhältnis und Aleatorik. Die Vertraulichkeit der Beziehung ergibt sich bereits aus dem Gegenstand und dem damit verbundenen Ziel des Vertrags. Mit ihm wollen "die Parteien das Interesse des Unterhaltsberechtigten an der Sicherung seiner Versorgung bis zum Tod in mindestens gleicher Qualität wie zu der Zeit, als er sich noch vollständig selbst versorgte, ohne Hilfe des Unterhaltspflichtigen, realisieren".3 Wenn der Unterhaltsempfänger die Sorge für seine Versorgung dem Unterhaltspflichtigen überträgt (anvertraut), nimmt dieser "die wichtigste Wert des Unterhaltsempfängers - sein Überleben" in seine Hände.4 Ein solcher Gegenstand (und Ziel) des Vertrags über den lebenslangen Unterhalt verlangt notwendigerweise ein vertrauliches Verhältnis zwischen den Parteien. Dieses Merkmal, das sich bereits aus der Natur des Vertragsgegenstands ergibt, bildet daher eines der tragenden und typischen Elemente der Klausel des Vertrags über den lebenslangen Unterhalt.
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Lebenslange Unterhaltsverträge können daher nicht ohne Vorbehalt nach dem Prinzip der Äquivalenz der Leistungen beurteilt werden. Aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können in dieser Hinsicht einige grundlegende Prämissen und Ausgangspunkte für die Beurteilung des konkreten Falls herausgezogen werden. Unter den zahlreichen Urteilen ist insbesondere der Beschluss Nr. II Ips 284/2013 vom 20. August 2015 hervorzuheben, in dem das Oberste Gericht (unter umfangreicher Stützung auf seine bisherige Rechtsprechung) über die Vertraulichkeit und Aleatorik des Vertrags über den lebenslangen Unterhalt folgendes festgestellt hat: "[Die Vertraulichkeit des Verhältnisses zwischen den Parteien] verhindert, dass die erfüllenden Handlungen des Unterhaltspflichtigen direkt in Geld widergespiegelt werden können. Es gibt natürlich Methoden, mit denen man den Stundensatz einer typischen Arbeit (z.B. Pflege) berechnen kann, aber ein untrennbarer Bestandteil der typischen Beziehung nach diesem Vertrag ist auch der Kontext des menschlichen Verhältnisses zwischen den Vertragsparteien. Gerade dieser nichtvermögensrechtliche (menschliche) Kontext ist für beide Vertragsparteien in typischen Fällen von entscheidender Bedeutung bei Abschluss des Vertrages und kann nicht in Geld ausgedrückt werden. Dies ist bereits ein Grund, der bei solchen Verträgen in der Regel eine solche Anwendung des Prinzips der gleichen Wertigkeit der Leistungen ausschließt, wie es für typische wirtschaftliche Geschäfte typisch ist. Das zweite Element (Aleatorik) ergibt sich aus der Natur der Sache. Sie ist geprägt von einem Schleier des Nichtwissens sowohl über die Dauer der erfüllenden Handlung des Unterhaltspflichtigen als auch über ihren Umfang. Die erste ist abhängig von der Lebensdauer des Unterhaltsberechtigten, die zweite von den Anforderungen, die sein geistiger und körperlicher Gesundheitszustand mit sich bringt. Das Risikoelement ist der zweite, zusätzliche Grund, warum solche Verträge nicht ohne Vorbehalt nach dem Grundsatz der Äquivalenz der Leistungen beurteilt werden können."5
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Zwei Unbekannte charakterisieren den lebenslangen Unterhaltsvertrag, der zur Kategorie der entgeltlichen Verträge gehört. Die erste, im betrachteten Fall weniger wichtige, drückt die Position aus, dass die Verpflichtungen und Leistungen des Unterhaltspflichtigen nicht genau und messbar ausgedrückt werden können, sei es in Geld oder mit einem gemeinsamen Nenner.6 Die zweite Unbekannte spiegelt die im westlichen Kulturkreis konzipierte Endlichkeit des Menschen wider: "Der Tod ist sicher, seine Stunde aber unsicher."7 Die tatsächliche Umständlichkeit, die von den unteren Gerichten hervorgehoben wird, ist, dass das Datum des Todes des Verstorbenen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt war. Der Tod war sicher, er war innerhalb weniger Wochen zu erwarten, schwerer innerhalb weniger Monate. Aber die Unbekannte des genauen Moments, der Stunde oder des Tages, an dem der Tod eintreten wird, kann mehr oder weniger intensiv sein.8 Daher äußerte das Oberste Gericht in dem bereits erwähnten Beschluss Zurückhaltung gegenüber dem Schluss, dass der Vertrag für die Unterhaltsempfängerin, trotz ihres Wissens, dass der Unterhaltspflichtige in sehr kurzer Zeit in ein Altenheim gehen würde, nicht riskant war. Es stellte fest, dass "außer in wirklich außergewöhnlichen Fällen (wenn z.B. der Tod dem Unterhaltsberechtigten bereits ins Gesicht blickt und es nur noch eine Frage der Tage ist, wann er eintritt), immer ein gewisses Maß an Risiko vorhanden ist".9
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Die bildhafte Metapher "der Tod blickt bereits ins Gesicht" veranschaulicht die Ausnahmesituation des betrachteten Falls. B. A. war zum Zeitpunkt des Abschlusses des umstrittenen Vertrags todkrank. Seine Tage waren buchstäblich gezählt. Sein Tod war innerhalb weniger Wochen zu erwarten. Einerseits haben wir aus der Perspektive des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses eine mehrwöchige, tatsächlich aber weniger als zweiwöchige Unterhaltspflicht für den Ehepartner, die bereits durch die Existenz der Ehe besteht (Artikel 44 und 50 des Gesetzes über die Ehe und Familienverhältnisse), andererseits die Übertragung mehrerer Immobilien, unter anderem eines Ferienhauses am Meer und einer Wohnung..., und von zwei Autos. Es ist zwar richtig, dass der Vertrag und das Verhältnis zwischen dem erzielten Nutzen und den übernommenen Verpflichtungen nach dem Zustand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses - und nicht rückwirkend, nachdem das Risiko bereits eingetreten ist - zu bewerten ist. Der Vertrag über lebenslangen Unterhalt ist ein Risikovertrag. Angesichts der beschriebenen Ausnahmesituation des betrachteten Lebensfalls war das Risiko für die Unterhaltsempfängerin jedoch weniger als minimal, sozusagen vernachlässigbar. Der Nutzen, den die Beklagte aus dem umstrittenen Vertrag zog, war daher auch angesichts der Tatsache, dass sie sich um ihren kranken Ehemann gekümmert und ihm alle notwendige Hilfe und Pflege seit dem Zeitpunkt seiner schweren Erkrankung10 bereitgestellt hat, unvergleichlich mit den erwarteten Unterhaltsverpflichtungen. Der Tod ihres Ehemannes war keineswegs unerwartet. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses befand er sich im Endstadium der Krankheit, die Behandlung (Chemotherapie) wurde abgebrochen, am nächsten Tag war er bereits in der Palliativversorgung. Die unerbittliche Gewissheit des nahenden Todes, als es nur noch eine Frage von Wochen war, wann der Tod an die Tür klopfen würde, ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des betrachteten Lebensfalls. Diese Umstände machen diesen Fall rechtlich anders als andere, auf den ersten (aber unscharfen) Blick ähnliche Fälle, bei denen das Oberste Gericht mit Situationen konfrontiert war, die gemeinsam hatten, dass der Tod schnell eingetreten ist, aber dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht zu erwarten war.
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Die Antwort auf die Revisionsfrage ist daher positiv. Bei Abschluss des Vertrags über lebenslangen Unterhalt bestand aufgrund des Fehlens von Aleatorizität ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erzielten Nutzen und der übernommenen Verpflichtung. Da dies bedeutet, dass der Vertrag über lebenslangen Unterhalt nur scheinbar ist, haben die Parteien in Wirklichkeit einen Schenkungsvertrag abgeschlossen (erster und zweiter Absatz des Artikel 50 des Obligationenrechts),11, stellt sich die Frage nach der Beeinträchtigung des Pflichtteils und der Rückgabe des Geschenks. Mit dieser Frage haben sich die unteren Gerichte, die der Ansicht waren, dass der umstrittene Vertrag entgeltlich ist, nicht beschäftigt.
Entscheidung über die Revision
19. Aufgrund der obigen Ausführungen hat der Oberste Gerichtshof der Revision stattgegeben (Absatz 2 Artikel 380 ZPO), die Urteile der unteren Gerichte aufgehoben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen (Punkt I. des Tenors).
Entscheidung über die Revisionskosten
20. Die Entscheidung über die Revisionskosten basiert auf der Bestimmung des Absatz 3 Artikel 165 ZPO (Punkt II. des Tenors).
Besetzung des Senats und Abstimmung
21. Der Oberste Gerichtshof hat in der Zusammensetzung der im Beschlusskopf genannten Richterinnen und Richter entschieden. Die Entscheidung wurde mit einer Mehrheit von drei Stimmen getroffen. Gegen haben die Richterinnen Mag. Nina Betetto und Dr. Mateja Končina Peternel gestimmt und abweichende Einzelmeinungen angekündigt (Absatz 7 Artikel 324 ZPO). Richterin Mag. Betetto befürwortet die Ablehnung der Revision, Richterin Dr. Končina Peternel die Aussetzung des Verfahrens und die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Erbfolge.
1 Amtsbl. RS, Nr. 26/1999 mit Änderungen und Ergänzungen. 2 Erster Absatz Artikel 557 BGB: "Durch den Vertrag über lebenslänglichen Unterhalt verpflichtet sich der Vertragspartner (Unterhaltsverpflichteter), den anderen Vertragspartner oder eine andere Person (Unterhaltsberechtigten) zu versorgen, während der andere Vertragspartner erklärt, dass er ihm sein gesamtes Vermögen oder einen Teil des Vermögens hinterlässt, das Immobilien und bewegliches Eigentum umfasst, das zur Nutzung und zum Genuss von Immobilien bestimmt ist, wobei die Übergabe bis zum Tod des Übertragenden aufgeschoben wird." 3 Siehe B. Podgoršek, in: Obligationsgesetzbuch mit Kommentar (besonderer Teil), 3. Band, GV Verlag, Ljubljana 2004, S. 546, 547. 4 Ebenda, S. 547. 5 Beschluss des OGH RS II Ips 284/2013 vom 20.08.2015, Kernaussage. 6 Siehe auch Urteil II Ips 381/2006 vom 29.01.2009, in dem das Oberste Gericht betont, dass "es nicht möglich ist festzustellen, wie die Unterhaltsberechtigte, die wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes für sich bis zum Tod Versorgung und Unterhalt sicherstellen wollte, subjektiv die Pflege bewertet hat, die der Beklagte in der Vergangenheit dem Vater geboten hat, und die zukünftige Pflege und Unterhalt." Ähnlich Urteile desselben Gerichts Nr. II Ips 464/99 vom 29.03.2000, Nr. II Ips 791/2008 vom 04.12.2008, Nr. II Ips 59/2013 vom 30.01.2014 und andere. Gleichfalls B. Podgoršek, a.a.O., S. 547, 548. 7 Lateinisch: "Mors certa, hora incerta". Oder, Bernard von Clairvaux in Brief CV (105.): "Für den Sterblichen gibt es nichts Gewisseres als seinen Tod - und nichts Ungewisseres als die Stunde des Todes." Ähnlich Shakespeare in Julius Caesar: "Death, a necessary end / will come when it will come" ("Der Tod, ein unvermeidliches Ende / wird kommen, wann er kommt"). Siehe Miriam Jerade, übersetzt von Felipe Quinteros. Mors Certa, Hora Incerta: Derrida über Endlichkeit und Todesstrafe. CR: The New Centennial Review, vol. 17, no. 3, 2017, S. 103–121. JSTOR, www.jstor.org/stable/10.14321/crnewcentrevi.17.3.0103. Zugriff am 17.12.2020. 8 Beschluss des OGH RS II Ips 284/2013, Abs. 25. 9 Siehe Absatz 25 des genannten Beschlusses. Siehe auch Urteil des OGH RS II Ips 324/2016 vom 27.07.2017, Abs. 13, in dem das Oberste Gericht feststellt, dass "eine Verletzung des Prinzips der Äquivalenz der Leistungen nur in wirklich außergewöhnlichen Fällen in Betracht käme: dann nämlich, wenn die Parteien bereits bei Vertragsschluss wussten, dass der Unterschied zwischen den Werten der gegenüberliegenden Leistungen so unverhältnismäßig sein würde, dass in dem Vertrag offensichtlich die Absicht zu verschenken (animus donandi) überwiegt." 10 Siehe Abs. 8 des Urteils des erstinstanzlichen Gerichts. 11 Der Vertrag über lebenslänglichen Unterhalt ist ein entgeltlicher Vertrag. Daher bedeutet eine offensichtliche Unverhältnismäßigkeit zwischen dem erworbenen Vorteil und der übernommenen Verpflichtung ein Fehlen einer Gegenleistung. Genau das Fehlen einer Gegenleistung, das für den Vertrag über lebenslänglichen Unterhalt typisch ist, führt zu dem Schluss, dass der Vertrag unentgeltlich ist.
ABWEICHENDE EINZELMEINUNG DER OBERSTEN RICHTERIN MAG. NINA BETETTO Link zum PDF-Dokument
ABWEICHENDE EINZELMEINUNG DER OBERSTEN RICHTERIN DR. MATEJA KONČINA PETERNEL Link zum PDF-Dokument
ZUSTIMMENDE EINZELMEINUNG DES OBERSTEN RICHTERS JAN ZOBEC Link zum PDF-Dokument