Was ist eine Vererbung mit grenzüberschreitendem Element?
Eine Vererbung mit grenzüberschreitendem Element liegt vor, wenn sich beispielsweise ein Teil des Nachlasses in einem Land befindet (EU-Mitgliedsstaat, wie eine Immobilie in Deutschland, ein Boot in Kroatien) und der andere Teil in einem anderen Land (z. B. eine andere Immobilie, Geldmittel in Slowenien) oder/und der Erblasser in seinem Testament bestimmt hat, dass das Recht eines bestimmten Landes, z. B. Österreichisches Recht, für die Vererbung gilt, das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er zum Zeitpunkt der Testamentserstellung hatte.
Fälle von Vererbung mit grenzüberschreitendem Element und die rechtlichen Regeln, die in diesen Fällen anzuwenden sind, sind äußerst komplex und betreffen verschiedene nationale Rechtsordnungen der beteiligten Länder.
Es stellen sich Fragen wie:
- Welches Gericht oder welche Gerichte sind zuständig, um das Nachlassverfahren zu führen, z. B. deutsche, österreichische, slowenische oder alle?
- Welches Recht des EU-Mitgliedsstaates muss das Gericht anwenden (z. B. deutsches, österreichisches, slowenisches Recht), wenn sich bestimmte Gegenstände des Nachlasses in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten oder sogar in Drittländern befinden usw?
EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 vom 4. Juli 2012
Die grenzüberschreitende Vererbung in der EU wird durch die EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 geregelt, die wesentlichen Erleichterungen und Gewährleistungen bietet:
Ein einziges Gericht behandelt den grenzüberschreitenden Nachlassfall, dass das Recht eines einzigen EU-Mitgliedsstaates anwendet (auch wenn sich die Gegenstände in verschiedenen Ländern befinden).
Die Bürger können wählen, dass das Recht desjenigen Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie zum Zeitpunkt der Testamentserstellung hatten, für ihre Vererbung gilt.
Gerichtsentscheidungen und öffentliche Urkunden über die Vererbung, die in einem EU-Land ausgestellt wurden, werden in anderen EU-Mitgliedsstaaten ohne besonderes Verfahren anerkannt und vollstreckt usw.
Die Verordnung regelt keine Fragen wie die Zahlung von Erbschaftssteuer, das Bestehen einer Ehe oder einer nichtehelichen Partnerschaft sowie Fragen des gemeinsamen Vermögens von Ehepartnern und nichtehelichen Partnern. Für diese Fragen müssen nach wie vor die Bestimmungen des internationalen Privatrechts oder die rechtlichen Regeln der nationalen Gesetzgebung angewendet werden.
Die Verordnung gilt für Vererbungen von Personen, die am oder nach dem 17. August 2015 verstorben sind.
Zuständige Behörde und anwendbares Recht
Das zuständige Gericht (auf dem gesamten Gebiet der EU), das über den gesamten Nachlass entscheidet, ist gemäß der Verordnung das Gericht des EU-Mitgliedsstaates (oder andere zuständige Behörden wie Notare in Kroatien), in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Das Gericht entscheidet im Nachlassverfahren über den gesamten Nachlass, sowohl bewegliches als auch unbewegliches Vermögen, unabhängig davon, wo sich die Gegenstände befinden (ob in einem oder mehreren EU-Mitgliedsstaaten und auch in Drittländern). Dabei wendet das Gericht das Recht seines Landes, d. h. das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes, als das Recht an, das für die Vererbung gilt.
Wahl des anwendbaren Rechts für den gesamten Nachlass: Vereinbarung der Erben über die Gerichtswahl
Der Erblasser kann das Recht des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er hat, als das Recht wählen, das für seine gesamte Vererbung (auf dem gesamten Gebiet der EU) gilt.
Die Erben können durch eine Vereinbarung über die Gerichtswahl vereinbaren, dass das ausschließlich zuständige Gericht für alle Fragen, die mit der Vererbung zusammenhängen, das Gericht des EU-Mitgliedsstaates ist, dessen Recht der Erblasser gewählt hat.
Europäisches Nachlasszeugnis
Die Verordnung führt das sogenannte Europäische Nachlasszeugnis als Nachweis ein, mit dem die Erben (Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter) ihren Status (z. B. Erbe) nachweisen und ihre Rechte als Erben in anderen EU-Mitgliedsstaaten geltend machen können. Dadurch entfällt die Notwendigkeit eines gesonderten Verfahrens zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urkunden oder Entscheidungen (eines ausländischen Nachlassgerichts).
Das Zeugnis wird auf Antrag des Erben oder seines Bevollmächtigten - Rechtsanwalts von der Behörde ausgestellt, die den Nachlassbeschluss erlassen hat. In Slowenien sind dies Nachlass- und Bezirksgerichte, in Kroatien beispielsweise Gemeindegerichte oder Notare als Bevollmächtigte der Gerichte.
Das Europäische Nachlasszeugnis gilt in allen EU-Mitgliedsstaaten und erfordert kein gesondertes Verfahren zur Anerkennung ausländischer Urkunden.
Das Zeugnis stellt auch eine Urkunde dar, die die Eintragung des Eigentumsrechts des Erben in das entsprechende Register jedes EU-Mitgliedsstaates ermöglicht, z. B. die Eintragung des Eigentumsrechts an einer Immobilie in Slowenien in das Grundbuch aufgrund des Europäischen Nachlasszeugnisses (und des Nachlassbeschlusses) des Gerichts in Deutschland, das das Nachlassverfahren durchgeführt hat!
Dabei muss die Immobilie im Nachlassbeschluss und im Europäischen Nachlasszeugnis angemessen bezeichnet sein, d. h. mit allen erforderlichen Angaben, wie es das Gesetz über das Grundbuch verlangt!
Gemäß der Verordnung besteht zwar kein Grund, dass der Erbe dem Grundbuchamt das Europäische Nachlasszeugnis in einer Übersetzung in die slowenische Sprache vorlegen muss, aber aus Gründen der Vereinfachung des Verfahrens für die Eintragung wird dies empfohlen. Die Ansichten der Gerichte zur Vorlage von Übersetzungen in die slowenische Sprache sind nämlich nicht einheitlich.
Für weitere Informationen zur Vererbung mit grenzüberschreitendem Element lesen Sie die Artikel sowie die Fragen und Antworten im Anschluss.
Für eine Terminvereinbarung in Bezug auf Erbrecht und Vertretung in Nachlassverfahren rufen Sie den Rechtsanwalt Jurij Kutnjak während der Geschäftszeiten unter der Telefonnummer 00 386/2/25-23-780 an oder schreiben Sie eine E-Mail an: info@odvetnik-kutnjak.si.
Rechtsdokumente:
e-Formulare
Vollmacht zur Vertretung
Testament, Widerruf des Testaments, Erklärung der Erbunwürdigkeit, Verzicht auf Erbschaft, Antrag auf Ausstellung eines europäischen Erbscheins
Gesetzgebung:
- Erbrecht – ZD, http://pisrs.si/Pis.web/pregledPredpisa?id=ZAKO317
- Gesetz über die Erbschaft von landwirtschaftlichen Betrieben – ZDKG, http://www.pisrs.si/Pis.web/pregledPredpisa?id=ZAKO383
- Gesetz über das Finanzwesen, Insolvenzverfahren und erzwungene Beendigung - ZFPPIPP, http://pisrs.si/Pis.web/pregledPredpisa?id=ZAKO4735
- Gerichtsgebührengesetz – ZST-1, http://pisrs.si/Pis.web/pregledPredpisa?id=ZAKO4729
- EU-Verordnung über das Erbrecht, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/SL/TXT/PDF/?uri=CELEX:32012R0650...
- und andere…
Rechtsprechung:
- Oberstes Gericht der RS, https://www.sodnapraksa.si/